Moh Salih kämpft um jeden Punkt
Zum ersten Mal in seinem knapp 20-jährigen Bestehen steigt das Basketball-Herren-Team des 1. AFC Bielefeld Bulldogs in die Landesliga auf. Nachdem die Mannschaft am 29.5. auch ihr letztes Saisonspiel gegen Angstgegner SV Ubbedissen 2 knapp gewonnen hatte (51:47), blieb nur ein kleines Fünkchen Hoffnung auf die Meisterschaft in der Bezirksliga 16 des Westdeutschen Basketball-Verbands. Der TuS Lübbecke hatte nämlich wie die Bulldogs „nur“ vier Niederlagen auf seinem Konto (eigentlich sehr viele für einen Spitzenreiter), aber am 2.6. noch ein Nachholspiel gegen Bad Oeynhausen 2 zu absolvieren; mit einem Sieg konnte er nach Punkten gleichziehen, und dann würde er sich Meister nennen können, dank des mit 110:103 gewonnenen Direkten Vergleichs mit den Bielefeldern.
Und die Chancen für das Team aus der Wiehengebirgs-Stadt waren durch die Verlegung des Spiels noch verbessert worden, denn die Oeynhauser konnten bis zum Saisonabschluss keinen geeigneten Termin für ihr Heimspiel in eigener Halle anbieten und mussten so zähneknirschend ein zweites Mal in dieser Spielzeit in das Lübbecker Wittekind-Gymnasium reisen. Das taten aber auch sechs Bulldogs-Spieler und ihr Spartenleiter, denn sie wollten weder zuhause von ihrer eventuellen Meisterschaft erfahren noch hinnehmen, dass die Kurstädter das Spiel nur als lästige Pflichtaufgabe ansehen und die Punkte ohne echte Gegenwehr abliefern – obwohl sie doch bereits im Hinspiel mit 83:80 bewiesen hatten, dass sie in dieser Halle gewinnen können – als einziges Team!
Das Wissen um dieses Ergebnis war es, was die Hoffnung der Bulldogs nährte, und so feuerten diese den bereits feststehenden Tabellenvierten das ganze Spiel über an – offenbar mit Erfolg: Lübbecke verschlief den Start völlig, wie schon beim Spiel in Quelle; dort hatte es 11:0 für die Bulldogs gestanden, nun stand auch wieder ein 0:9 auf der Anzeigetafel. Doch der TuS holte auf und kam auf 15:16 heran – bevor sich der Rückstand im zweiten Viertel wieder auf 22:33 erhöhte. Die angereisten Bulldogs trauten ihren Augen kaum; zu Recht, denn erneut flammte die Gegenwehr der Hausherren auf, und bei Halbzeit stand es nur noch 36:42. Es war ein wildes Spiel mit vielen Punkten, aber auch vielen Ballverlusten, und so konnte man zu diesem Zeitpunkt absolut nicht vorhersagen, wer das bessere Ende für sich haben würde. Auf der Galerie mussten die Nerven mit einem ersten Bier beruhigt werden.
Doch obwohl sich der Charakter des Spiels auch nach der Pause nicht änderte, legten die unfreiwilligen Gäste weiter vor: Sie erhöhten trotz hoher Foulbelastung über 50:40 auf 57:44, hielten diesen Abstand bis zum dritten Viertelende konstant (68:55), und als der Lübbecker Trainer sechs Minuten vor dem Ende beim 57:73-Rückstand seiner Wut und seinem Frust in einer Auszeit Luft machte, konnten die „Zaungäste“ sich langsam darauf einstellen, dass das kleine Wunder geschehen würde. Schon bei 59:75 und nur noch viereinhalb Minuten Restzeit schien die Sache geritzt zu sein, und spätestens als 1:30 (Minuten) und 65:82 von der Anzeigetafel strahlten, taten das auch die feuchten Augen der Bulldogs! Das Endergebnis von 70:85 wurde mit den einzeln die Treppe heraufkommenden Oeynhausern gefeiert – selbstverständlich mithilfe eines Belohnungs-Kaltgetränks für die Helden. Und die frischgebackenen Meister, die das Wort „Aufstieg“ bis dahin kaum in den Mund genommen hatten, äußerten nun recht schnell, dass sie dann auch tatsächlich in der kommenden Saison ihr Glück in der Landesliga suchen wollen.
Dabei hatte die Saison der Bulldogs recht verhalten begonnen. Teilweise hart umkämpften Heimsiegen standen in der Hinrunde Auswärts-Niederlagen bei Lübbecke, Gütersloh 2 (-30) und Ubbedissen 2 gegenüber. Doch das Team spielte sich immer weiter ein, hatte schließlich eine starke „Erste Fünf“ gefunden, und die „Bankspieler“ fügten sich immer besser ein. Die Konkurrenz hingegen nahm sich über die ganze Saison gegenseitig die Punkte weg, die Top-Mannschaften verloren auch bei Teams aus der unteren Tabellenhälfte. Am 21.2. gab Spartenleiter Rainer Luft in der WhatsApp-Gruppe der Mannschaft dazu einen Kommentar ab: „Habt ihr gesehen, dass Gütersloh in Bad Oeynhausen verloren hat? Jetzt sind wir eines von 5 Teams, die ‚nur‘ 3 Niederlagen haben. Das wird spannend! – Darf ich mal träumen? Wenn wir alles gewinnen, sind wir Meister!“
Und tatsächlich gelang für alle Hinrunden-Niederlagen die Revanche in eigener Halle – aber immer knapper, als die Niederlage ausgefallen war, gegen Gütersloh 2 sogar nur nach Verlängerung. So waren alle möglicherweise am Ende wichtigen Direkten Vergleiche verloren. Hinzu kam, dass Spielertrainer Bert Smith für das Spiel in Rahden kurzfristig ausfiel, was prompt zur einzigen Niederlage in der Rückrunde führte – und damit zur anfänglich beschriebenen Lage nach dem letzten eigenen Spiel.
Ausschlaggebend war schließlich, dass die Bulldogs als einzige Mannschaft alle Heimspiele gewinnen konnten. Und ihre große Stärke: die Defense! Da sie selbst nur einmal mehr als 70 Punkte erzielten (in Oldendorf, und dann gleich 83) und dreimal nicht über 50 hinauskamen, war dieser Trumpf auch bitter nötig. 850 Gegenpunkte in 16 Spielen wurden nur von den Oeynhausern unterboten, bei denen gleich drei Spiele mit 20:0 bzw. 0:20 gewertet wurden. Außerdem weisen die Bulldogs in der Statistik ihrer Spiele mit 56,6 % eine bessere Freiwurfquote auf als jeder Gegner. Zwei Spieler blieben „von der Linie“ fehlerfrei, allerdings bei nur 4 (Gabo Torquemada) und 2 (Max Ferber) Versuchen. Ansonsten zeigte sich hier Christian Bambauer nervenstark (43/55, 78,2 %), gefolgt von Bert Smith (39/55, 70,9 %). Bert erzielte bei jedem Einsatz (15) durchschnittlich genau einen „Dreier“, ebenso Holger Maßmann (3). Mathis Szymanski (8 in 11 Spielen) und Max Ferber (7 in 10) kamen auf einen Schnitt von 0,7; Mokhtar Felfel belegte mit 9 absolut Platz 2 (in 14 Spielen; ø 0,6).
Topscorer war jedoch Patrick Rommelmann, der als Einziger in allen 16 Spielen auflief und auf den sehr guten Schnitt von 13,0 Punkten je Spiel kam – macht 208 Punkte insgesamt. Dreistellig punkteten auch Christian Bambauer (171) und Bert Smith (158), beide in 15 Spielen. Die weiteren Punkte erzielten: Mathis Szymanski (76 / 11 Spiele), Mokhtar Felfel (75 / 14), Carsten Knauer (45 / 10), Gabo Torquemada (35 / 5), Max Ferber (29 / 10), Constantin Reiner (27 / 10), Mike Schick (19 / 11), Maximilian Amzar (17 / 5), Holger Maßmann (15 / 3), Moh Salih (14 / 9), Jonas Abu Hagar (13 / 6), Norman Zlotnicki (12 / 6), Spätzugang André Günther (9 / 3) und Fahid Hamdi (0 / 2).
Einen großen Dank sagt das Bulldogs-Team auf diesem Weg allen Besucherinnen und Besuchern seiner Spiele – und insbesondere denjenigen, die kurzfristig als Zeitnehmer*innen eingesprungen sind!
Rainer Luft
Foto: Felix Hofmann